Die albanische Vjosa ist in aller Munde. Warum, das ist diesen Quellen eindrücklich zu entnehmen:
Bericht im Spiegel: Das letze blaue Wunder Europas in Gefahr
Beitrag im Patagonia Blog / auf River Watch: Scientist for Vjosa
Die Balkan River Initiative: Europe'sUnknown Wild Jewel
Jens Steingässer war bei der Wissenschaftleraktion an der Vjosa, von der der Spiegel berichtet, auch dabei (siehe Foto der der Konferenz von ihm auf River Watch), um was es hier sprichwörtlich geht, verdeutlicht das nachfolgende Video:
Jens und seine Familie widmeten sich selbst der Problematik auf einer Recherchetour in ihrem aktuellen journalistischem Projekt zum Thema Wasser und zwar aus dem Sattel und mit Paddel!
von Jana und Jens Steingässer
Wasser ist das blaue Gold unseres Planeten. So banal diese Erkenntnis klingt, so fundamental wichtig ist sie. Vier Jahre lang hat uns die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel vor allem in arktische Regionen geführt. Ja, wir lieben Regen und Kälte! Die Spur des Wassers, unser neues umweltjournalistisches Projekt, lockt uns in diesem Sommer auf den Balkan und damit in für uns völlig neue Gefilde und Temperaturzonen. Vier Wochen lang folgen wir dem Lauf der Vjosa, dem letzten Wildfluss Europas, und erkunden ihr Zuflussgebiet zu Pferd, zu Fuß und in Packrafts.
Unsere albanische Gastfamilie, Kristina, Aurel und deren Tochter Sofia, sattelt unsere insgesamt neun Pferde, während wir Zelte abbauen, Wanderschuhe anziehen und für die nächste Tagesetappe Regenjacken („Bitte, lass es regnen!“), Hemden (zum Schutz vor Dornen), Sonnenhüte und Proviant in unseren Rucksäcken und Packtaschen verstauen und die Flaschen ein letztes Mal an der Quelle füllen. Wie in einem Vulkankessel erstreckt sich das Cajupi-Tal zwischen den südalbanischen Bergketten.
Augen zu – und durch!
Frieda reitet vor mir. Kaum zu fassen, dass sie mit gerade mal sechs Jahren Tagesetappen bis zu acht Stunden bei brütender Hitze bewältigt – singend und ziemlich wilde Witze erzählend! „Jetzt geht es richtig steil bergauf. Vertraut den Pferden und klammert euch an der Mähne fest!“, ruft uns Aurel zu, der die Gruppe anführt. Als ich die steile Felsformation vor mir sehe, hoffe ich dass er einen Witz macht. Welches Pferd soll das bitte schaffen? Zeit zum Nachdenken bleibt in solchen Momenten zum Glück selten. Wie in einer Waschanlage werde ich eingeklemmt zwischen dornigen Büschen und verliere den Sichtkontakt zur Herde. Als mich das Gebüsch wieder ausspuckt, erspähe ich Frieda. Sie erklimmt mit ihrem Pferd mehrere hundert Höhenmeter über riesige Gesteinsbrocken. Ein Pfad ist hier nicht zu erkennen. Trotzdem folgen Pferde trittsicher ihrem Anführer.
Am Tropf der Balkanflüsse
Wie sehr hier das Leben von den Gebirgsflüssen abhängt, die im Tal die mächtige Vjosa speisen, wird überall deutlich. Schäfer treiben ihre Herden mehrfach täglich an die Ufer des Zagoria. Schafe, Ziegen, Esel und Pferde löschen gierig ihren Durst, die Schutzhunde legen sich erschöpft in die kalten Fluten. Auch Paula, Mio, Hannah und Frieda können es kaum abwarten, in der Mittagspause endlich alle Kleider und Schuhe von sich zu werfen und samt ihrer Pferde in dem kalten klaren Wasser Erlösung von der unbarmherzigen Hitze des albanischen Sommers zu finden.
Karavane im Land der großen Herzen
Zwei Wochen lang zieht unsere Karavane so durch die Berge, entlang sprudelnder Flüsse, vorbei an Bergdörfern, die wie aus einer anderen Welt wirken. Überall nehmen uns Familien mit der größten Gastfreundschaft auf, die wir je kennengelernt haben, bereiten Frauen für uns über qualmendem Holzfeuer albanische Spezialitäten zu, laden uns Menschen in ihre Häuser ein. Paula lernt Ziegen zu melken. Mio, Hannah und Frieda gehen mit einem zahmen Schwein im Dorf spazieren, suchen Eier, spielen mit den Kindern. Selbst die ärmsten Familien hier stecken zum Abschied Früchte aus ihren Selbstversorgergärten in unsere Packtaschen und wünschen uns Kopf schüttelnd eine gute Reise. Wir erreichen stürmische Bergpässe, wehren Herden wilder Pferde ab, durchreiten antike Stätten und beobachten im Schatten knorriger Bäume, wie Adler über unseren Köpfen ihre Kreise ziehen.
Von Quelle zu Quelle hangeln wir uns, füllen unsere Flaschen und sehnen uns nach dem Moment, an dem wir die Packrafts zu Wasser lassen und uns von der Strömung der Vjosa tragen lassen werden.
Dazu weiter im Teil 2!