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ZWEI MONATE GRÖNLAND - Eine weitere Drohne versenkt ...

Gabriel is back! Wir alle erinnern uns an seinen Beitrag vom Frühjahr, aus der Schweiz, im Wildwasser. Schon damals war klar, wohin die Reise geht, ins ewige Eis, oder doch ins "Grüne Land", wie es die Wikinger nannten? Warum nicht einfach beides. Hier kommt der Bericht dazu, Greenland reloaded: 

Die Geschichte dazu folgt jetzt!
von Gabriel Gersch

Nachdem ich im Vorjahr schon ein paar mehrwöchige Packrafting-Touren in Grönland unternommen hatte, wollte ich im Sommer 2018 unbedingt auf die Insel zurückkehren. Dafür knüpfte ich mir zwei absolut spektakuläre Gegenden vor, durch die ich Routen mit einer Dauer von je ca. 4 Wochen plante:

1. Den Nordwesten

Karge Felslandschaften, riesige Eisbergen und ständige Sicht auf das gigantische Inlandeis:


Der Nordwesten Grönlands steht vor allem für seine gigantischen Eisberge, die oftmals über 100 Meter aus dem Wasser ragen. Zwischen diesen Eismassen herumzupaddeln ist für mich ein einzigartiges Erlebnis, auch wenn es stets mit gewissen Risiken verbunden ist, schließlich sind viele Eisberge eher instabil.

Die Natur ist rau, Stürme keine Seltenheit und die Menschen in ihren Dörfern leben die meiste Zeit des Jahres unter widrigen Bedingungen. Dennoch ist die Natur unvergleichlich schön.


Massive Eisberge und karge Berge prägen das Bild um Uummannaq 
2. Den Süden

Geprägt von hohen Bergen, tief eingeschnittenen Tälern und mehr Vegetation:


Fantastisch ist auch der Süden des Landes, wo die Temperaturen nicht ganz so weit unter den Gefrierpunkt sinken. Mich faszinierten dort vor allem die über 1000 Meter hohen Felswände, die in der Gegend um Aappilattoq steil aus den Fjorden ragen.

Im September verwandelte sich dann alle Vegetation in eine bunte Farbenpracht und in den Nächten funkelten die Polarlichter am Himmel. All das kenne ich aus vielen anderen Reisen durch arktische und subarktische Gebiete, aber langweilig werden diese Spektakel nie.


Lieblicher, aber auch alpiner ist die Szenerie ganz im Süden der Insel

Herausforderungen


Beide Routen führten durch komplett wegloses Gelände, abseits der Siedlungen gab es fast nirgendwo Zivilisationsspuren. Immer wieder wurden die Abschnitte an Land von Fjorden unterbrochen – dann muss man entweder über das im Sommer stark zerklüftete Inlandeis kraxeln, oder man paddelt übers Wasser.

Da der Eisweg nur mit voller Alpin-Ausrüstung möglich ist, entschieden wir uns auch diesmal wieder für Packrafts. Trotz des relativ niedrigen Gewichts der Boote wurden die Rucksäcke recht schwer.

Nicht immer nur eitel Sonnenschein, dazu schwere Rucksäcke, die Highlights wollen verdient sein ...

"Mit aller Ausrüstung und Essen für bis zu 17 Tagen kommt man schnell über die 30 kg Marke. Ich schleppe zusätzlich einiges an Foto-Kram mit, weshalb ich beide Touren mit über 40 kg auf den Schultern startete."


Saqqag, ein kleines, aber wunderschönes Dorf im Norwesten Grönlands 

Logistisch war’s auch nicht ganz einfach. Weil in den kleinen Siedlungen in Grönland mitunter nur eine sehr eingeschränkte Auswahl an Lebensmitteln verkauft wird, mussten wir unseren gesamten Proviant für die beiden Monate in Paketen nach Grönland schicken. Zwischengelagert wurden diese Pakete bei sogenannten „Water Taxis“, die uns mit dem Boot zu unseren Ausgangspunkten brachte bzw. nach Ende der Touren wieder abholten. Als verlässliche Partner seien hierbei die Unternehmen Ummannaq Seasafaris, Blue Ice und Nanortalik Tourism genannt. 

Alle organisatorischen und physischen Herausforderungen lassen sich jedoch gut bewältigen, wenn man Freunde hat, mit denen man so ein Abenteuer teilen kann.


Auch ein paar Tage Regen und Sturm lassen sich mit der richtigen Motivation gut überstehen.

"Überhaupt hängt der Erfolg solcher Reisen meiner Erfahrung nach mehr von psychischen Faktoren wie Motivation und Durchhaltevermögen ab, als von körperlicher Stärke."

Packrafting-Ausrüstung

Für diese Reise haben wir uns für zwei Bootstypen entschieden: Perfekt ist aus meiner Sicht das Anfibio Sigma TX, weil es extrem leicht und dennoch groß genug ist, um eine Person mit sehr viel Gepäck sicher zum anderen Fjordufer zu bringen. Auf kurzen Flussquerungen oder mit wenig Gepäck kann man es auch problemlos zu zweit fahren.

Durch das verstärkte Bodenmaterial mussten wir beim Ablegen und Anlanden nicht allzu vorsichtig sein, die Robustheit ist für stehende Gewässer und leichte Flüsse absolut ausreichend. Damit ist das Sigma TX zu meinem absoluten Favoriten für Grönlandtouren geworden, auf denen keine schwierigen Wildwasserabschnitte befahren werden.


Die Anfibio Sigma TX Packrafts sind für zwei Personen oder eine Person mit viel Gepäck ausgelegt. Dennoch wiegen sie nur knapp über 2kg.

Ein paar meiner Mitreisenden entschieden sich für das MRS Alligator 2S, das schwerer, robuster und wildwassertauglicher ist. Für Grönland eigentlich ein overkill, aber dafür universal einsetzbar.

Das heißt, wer ein Packraft für alle Einsatzzwecke braucht, ist mit dem Alligator bestens beraten. Wer sich zwei verschiedene Modelle leisten kann, dem rate ich zum Alligator fürs Wildwasser und zum Sigma, Delta oder Alpha für einfache Gewässer.


MRS Alligator 2S und Anfibio Sigma TX auf dem "Blue screen". Egal mit welchem Boot, das Paddeln vor massiven Eisbergen gehört wohl zu den erhabensten Erlebnissen, welche Grönland zu bieten hat.

Zusätzlich hatten wir Anfibio Vertex Paddel dabei. Und natürlich die Anfibio Buoy Boy Schwimmweste, die sich in der Szene mittlerweile schon zu einem „Must Have“ für Fjord- und Seebefahrungen entwickelt hat. Auf Helm und Trockenanzug haben wir verzichtet.

Höhen und Tiefen

Unfälle und ernsthafte Schwierigkeiten gab es in diesem Jahr keine. Fjordquerungen im Packraft stellen natürlich immer das höchste Risiko dar – wenn man auf einem 8 km breiten Fjord kentert und im eiskalten Wasser schwimmt, wäre die Not groß. Wir achteten immer darauf, eng beieinander zu bleiben und im Zweifel (z.B. bei zu viel Wind mit hohem Wellengang) auch umzukehren.


Ein Partner und Boote mit Reserven bieten Sicherheit.

Kleinere Verluste gab es allerdings schon zu beklagen. Am wahrscheinlich spektakulärsten Ort unserer Reise, einer Eishöhle im Gletscher, versenkte einer meiner Mitreisenden seine Drohne. Wir wollten eigentlich nur an der Gletscherzunge entlang paddeln, um zum anderen Ende des Fjords zu gelangen, als plötzlich diese Höhle im Eis auftauchte. Gefährlich war es allemal, aber wir konnten der Versuchung nicht widerstehen und paddelten hinein:


In der Eishöhle ... denn wir konnten nicht widerstehen!

Kaum in der Höhle angekommen, empfing das Teil kein Signal mehr und flog nach oben, wo es an die Eisdecke prallte. Sekunden später verschwand es in den Untiefen des Meeres, da war nichts mehr zu machen.

"Eine Eishöhle im Packraft zu erkunden, gehört zu den einzigartigen Erlebnissen meiner Zeit als Packrafter, aber die Drohne nebenher fliegen zu lassen, war wohl keine so gute Idee ..."

Die merkwürdigste Geschichte erlebten wir jedoch mit folgender Begegnung.

Unterwegs im Nordwesten Grönlands trafen wir einen Franzosen, der seit über 15 Jahren eine kleine Insel mit ca. 200 m Durchmesser bewohnt. Er verbringt dort immer die Frühjahr- und Sommermonate, allein. Besuch bekommt er selten, kaum jemand weiß, wo genau er ist. Wir sind durch Zufall auf „seine Insel“ gestoßen, die er als „autonome Republik“ bezeichnet.

Wir nannten ihn den „Greenlandic Survivor“

Aus Treibholz, Müll und Naturmaterialien hat er sich drei kleine „Ferienhäuser“ (Cottages) gebaut, in denen er Unterschlupf findet. Trinkwasser gewinnt er aus Eisbrocken, die er mit dem Hammer von umherschwimmenden Eisbergen schlägt. Er ernährt sich vor allem von Muscheln und Fischen, die er aus dem Kajak heraus fängt. Er zeigte uns alle Ecken seiner Insel, so wie man Gäste durch einen Palast führt: Mit Stolz und in Erwartung unseres Respekts. Bilder durften wir machen, nur seinen Namen und die genaue Location möchte er nicht im Internet stehen haben.


Kommt der Wind aus der richtigen Richtung, geht’s überraschend schnell voran, auch ohne Segel!

Wir alle hatten einen atemberaubenden Sommer und kehrten unverletzt und mit vielen tollen Erfahrungen zurück in die Heimat. Nicht auszuschließen, dass es für mich bald noch einen dritten Grönland-Sommer geben wird.