Jede Fachrichtung hat ihre Grundlagen. Das kennt man aus den Einführungsveranstaltungen der Erstsemester. Grundlagen der Informatik zum Beispiel. Oder, auch recht beliebt, Grundlagen des Rechnungswesens. Verspricht alles immer richtig viel Spaß [Ironie off].
Vermutlich kommt es daher, dass er Grundschlag vorwärts nicht den besten Ruf hat. Lästige Pflicht, statt performante Kür. Arbeit, Anstrengung, wenig Geschick.
Klar gehört der Grundschlag vorwärts zu den Basics, aber er ist alles andere als rückwärtsgewandt. Ein effektiver Grundschlag dient der Beschleunigung und der (möglichst) geradlinigen Fortbewegung, was der Grundstein für viele weitere Manöver ist – von der Seilfähre bis zum Stufenspringen.
1. Grundschlag vorwärts, leichte Vorlage, Paddel am gestreckten Arm möglichst weit vorne einsetzen, Oberkörper mitdrehen |
Ausführung eines sauberen Grundschlags vorwärts:
- Der Oberkörper ist aufrecht und sogar etwas nach vorne geneigt.
- Der Aktionsarm (das ist der Arm, der beim Grundschlag die eigentliche Aktion durchführt) taucht das Paddelblatt mit gestrecktem Arm möglichst weit vorne und nah am Boot ein.
- Die aktionsseitige Schulter geht dabei mit nach vorne, der Oberkörper dreht — also etwas von der Aktionsseite weg.
- Der Gegenarm (das ist dann logischerweise der andere Arm) ist gebeugt, die Gegenhand befindet sich auf Schulterhöhe.
- Das Paddelblatt wird möglichst nah am Boot bis maximal Hüfthöhe nach hinten durchgezogen. Der Aktionsarm wird dazu gebeugt, der Gegenarm nach vorne durchgestreckt. Die Gegenhand bleibt auf Schulterhöhe. Der Oberkörper unterstützt die Bewegung indem er sich zur Aktionsseite hin dreht.
- Die Schaftführung ist während des gesamten Schlagverlaufs recht steil und bootsnah.
- Nach Beendigung des Schlages ist man gleich wieder in der richtigen Ausgangsposition für den nächsten Schlag: Der Aktionsarm (ehemals Gegenarm) ist nach vorne gestreckt, der Oberkörper eingedreht, der Gegenarm (ehemals Aktionsarm) gebeugt am Körper.
Tipps und häufige Fehler:
- Man paddelt in Oberkörperrücklage. Die gesamte Zugphase wird damit weiter nach hinten verlegt, als Anfänger tut man sich schwerer die Richtung zu kontrollieren. Zunächst ganz bewusst weit nach vorne legen, die Oberkörpervorlage sogar etwas Übertreiben.
- Das Paddel wird zu weit nach hinten, bis hinter die Hüfte gezogen. Bei Ausheben des Paddelblattes wird dabei Wasser nach oben anstatt nach hinten geschaufelt. Außerdem verpufft ein Großteil der aufgebrachten Kraft durch ungünstige Hebelverhältnisse nutzlos. Das Paddelblatt also spätestens auf Hüfthöhe ausheben. Die Zugphase sollte soweit nach vorne wie möglich gelegt werden. Paddelblatt also maximal weit vorne einsetzten (gestreckter Aktionsarm) und besser noch etwas früher ausheben.
- Die Schaftführung ist nicht steil sondern flach. Das Paddel wird dann nicht geradlinig und nah am Boot geführt, sondern im leichten Bogen vom Boot weg. Das Packraft führt dann kleine Schlingerbewegungen aus, die Effektivität des Schlages leidet enorm.
- Die Schultern arbeiten nicht mit. Das Vorwärtskommen gestaltet sich unnötig kräftezehrend, da große Muskelgruppen nicht eingesetzt werden. Mit dem Aktionsarm also immer die Schulter mit nach vorne bringen, indem man versucht das Paddel möglichst weit vorne einzutauchen.
2. Paddel steil und nah am Boot führen, die Gegenhand auf Schulterhöhe lassen, Paddel spätestens auf Hüfthöhe ausheben. |
Und das soll einen vorwärts bringen? Keine Sorge, es gibt nur ganz wenige Naturtalente, die es fast auf Anhieb schaffen, ihr Packraft auf gerader Linie voranzutreiben. Zumal dem Anfänger alleine die Verschränkung der Paddelblätter Konzentration abverlangt. Für den Links- bzw. Rechtsdrall kann es mehrere Ursachen geben:
- Das Paddel wird nicht symmetrisch gehalten.
- Der Krafteinsatz ist rechts und links ungleich.
- Das Paddel wird auf einer Seite weiter nach hinten gezogen als auf der anderen.
- Die Schlagabfolge ist nicht rhythmisch.
Skeg against Drall
Um sich auf den eigentlichen Paddelschlag konzentrieren zu können, kann man den Störfaktor „Drall“ anfangs einfach ausschalten, dazu montiert man sich eine Finne ans Heck (gibt es für Packrafts als Zubehör)
Klappt der Grundschlag, sind die groben Fehler beseitigt, und kommt man zügig voran, kann dieser wieder entfernt werden, und man übt jetzt weiter „unten ohne“.
Aber erst wenn man auf einem windstillen See klarkommt, geht man auf fließendes Wasser. Die Strömung sollte nur so stark sein, dass man noch gut dagegen ankommt, denn den besten Übungseffekt erzielt man dann, wenn gegen die Strömung gepaddelt wird. Die kleinsten Kursabweichungen werden gnadenlos geahndet, das Boot wird von der entgegenkommenden Strömung zur Seite gedrückt, Kurskorrekturen werden schwieriger. Man muss also noch präziser paddeln, beim kleinsten Anzeichen einer Kursabweichung sofort reagieren.
Diese Korrekturen erfolgen am Anfang natürlich ganz bewusst, später aber völlig automatisch, ohne dass man überlegen muss.
Inhaltliche „Grundlage“ des Artikel waren übrigens Teile eines Betrag von Jan Kellner aus dem Kanumagazin von 1997!