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ZU FUß UND MIT PACKRAFT DURCH PATAGONIEN (ROUTE, REVIEW, TIPPS)

Tobias Schorcht im Packraft vor einem Gletscher.
Tobias Schorcht ist Lehrer, Referent und Abenteurer. Neben der schulischen Tätigkeit leitet er erlebnispädagogische Ferienlager und hält Vorträge über seine Reisen. Im vergangenen Winter war er mehrere Monate in Patagonien unterwegs. 

Uns begeisterte sein konsequenter Reisestil, die Routenwahl und natürlich die einmalige Landschaft. Seine Tour schließt sogar Vorträge in Schulen vor Ort ein! 


Bilder und Texte von Tobias Schorcht

Stil & Rahmendaten

Von November 2021 bis März 2022 realisierte ich mir einen Lebenstraum und durchquerte große Teile Patagoniens zu Fuß. Ich folgte dabei dem Prinzip “connected footsteps”, was bedeutet, dass jeder Meter der Strecke aus eigener Muskelkraft zurückgelegt werden muss. Autos, Bussen und auch Fähren sind ausgeschlossen. Und da es Patagonien kaum Wanderwege und zahlreiche Gewässer gibt, brauchte ich neben dem GPS Gerät auch ein Packraft.

Tobias Schorcht mit Rucksack und Paddelausrüstung.
5 Monate auf dem GPT   I   2009 km Gesamtstrecke   I   davon 900 km im Packraft

Tobias Schorcht bei einem Vortrag in einer Schule mit Schulkindern.
Vortrag in der Gemeinschaftsschule in Villa O’Higgins (Chile)

Meine Route

Ich folgte südlichen Teilen des Greater Patagonia Trails (GPT) von Frutillar bis nach Villa O’Higgins. Das Netzwerk des GPT wurde vom Deutschen Jan Dudek gegründet und ist das Ergebnis unzähliger Stunden ehrenamtlichen Engagements. Die Bezeichnung “Trail” impliziert schnell eine falsche Vorstellung. Ich lief mit dem GPS Gerät in der Hand querfeldein durch die Pampa, folgte einsamen Forstwegen, schlug mich durch dichten Regenwald und paddelte auf Flüssen, Seen und dem Meer. 

Routenverlauf der geplanten Tour. Gezeigt wird die Route zu Fuß und im Packraft.
Route: blau - Strecke im Boot, rot - Strecke zu Fuß

Meine Ausrüstung

Die Vorbereitung hat mehrere Monate in Anspruch genommen und wäre dank des Streckennetzes der GPT und GoogleEarth nicht möglich gewesen. Ich habe Nächte lang an meiner Route gefeilt und leichtes Outdoor Equipment bestellt und getestet. Ich war leicht, aber nicht ultraleicht unterwegs. Patagonien ist für seine Stürme und Kälteeinbrüche bekannt, weshalb ich beispielsweise lieber ein etwas robusteres Zelt kaufte. Für das Paddeln hatte ich einen Trockenanzug dabei, was sich rückblickend als sehr gute Entscheidung erwies.

Gepackter Rucksack mit Ausrüstung. Außen befinden sich Packraft, Paddel und Schlafsack.
Gepackter Rucksack mit Ausrüstung

Am Ende hatte ich ein Rucksackgewicht (ohne Essen und Trinken) von 10 kg + 4 kg an Paddelausrüstung (Boot, Paddel, Trockenanzug, Schwimmweste). 

Produkt Gewicht
Packraft Anfibio Delta MX 1,86 kg (inkl. Zubehör)
Paddel Anfibio Vertex Tour 0,89 kg
Schwimmweste Anfibio Buoy Boy 0,36 kg
Trockenanzug Anfibio PackSuit 0,85 kg (inkl. Füßlinge)
Zelt Lightwave Sigma S10 1,1 kg
Rucksack Lightwave Ultrahike 60 1,25 kg
Isomatte NeoAir XLite (Therm-A-Rest) 0,36 kg
Schlafsack Quilt GramXpert Apex 267 (-6°C) 0,82 kg
Angel selfmade 0,3 kg


Zeltplatz am Wasser. Das Packraft (Anfibio Delta MX) und das Paddel liegen vor dem aufgebauten Zelt.

Mein Packraft - Anfibio Delta MX


Die Wahl des Packraft fiel mir nicht leicht. Lange Zeit habe ich zu einem Boot mit Spritzdecke tendiert (Anfibio Rebel 2K). Allerdings wurde mir von verschiedener Seite dringend dazu geraten, einen Trockenanzug mitzuführen. Warum brauche ich überhaupt eine Spritzdecke, wenn ich im Trockenanzug sowieso trocken bleibe? Ich entschied mich mit dem offenen Anfibio Delta MX für den absoluten Anfibio Klassiker (ohne Tube Bags) und würde es auch rückblickend genauso wieder machen. 

Tobias Schorcht paddelt mit dem Anfibio Delta MX über einen Fluss. Links ist ein Flussufer aus Gestein zu sehen.

Im gelben Packsack befinden sich die vergleichsweise schweren Lebensmittel. Folgende Vorteile sehe ich in der Konfiguration:
  • leicht und günstig (im Vergleich zu geschlossenen Packrafts) 
  • einfache und flexible Anordnung des Gepäcks (je nach Wind und Gewässer)
  • schneller, unkomplizierter Auf- und Abbau 

Tobias Schorcht zieht das Packraft (Anfibio Delta MX) über das Wasser. Im Hintergrund befinden sich Berge und Wald.

Das Packraft im Praxistest


In den 5 Monaten Patagonien habe ich das Kajak (Packraft) intensiv genutzt und könnte es mittlerweile mit geschlossenen Augen aufbauen. Die knapp 900 Paddelkilometer teilen sich wie folgt auf: 10 % Fjorde, 30 % Seen und 60 % Flüsse.  

1. Unterwegs im Fjord

Vor der Befahrung von Fjorden musste ich sorgfältig Recherche betreiben. Wie entwickelt sich das Wetter und insbesondere der Wind? Wie stark wirken die Gezeiten? Wo scheint das Zelten möglich zu sein und gibt es ausreichend Frischwasser? 

Beispielsweise kann an Engstellen des Fjordes starker Tidenhub in Kombination mit Wind unüberwindbare Wellen entstehen lassen. Mit ablaufendem Wasser und leichtem Rückenwind aus einem Fjord hinauszupaddeln, ist hingegen purer Genuss.

Das Packraft, auf welchem sich die gesamte Ausrüstung befindet, liegt am Flussufer auf dem Wasser. Im Hintergrund sind Berge und Wald zu sehen.
Befahrung der traumhaften Fjorden zwischen Hornopirén und Chaitén.


2. Unterwegs im See

Größere Seen in Patagonien (z.B. Lago General Carrera, Lago Yelcho oder der Lago O’Higgins) besitzen ein Mikroklima mit plötzlich auftretenden, sehr starken Winden. Innerhalb von Minuten können sich meterhohe Wellen auftürmen und es wird schnell gefährlich. 

Für mich gelten deshalb folgende Grundregeln:
  1. Trockenanzug und Schwimmweste tragen.
  2. In Ufernähe paddeln.
  3. Das Paddel mit einer Leash am Boot befestigen.
Tobias Schorcht paddelt in seinem Packraft (Anfibio Delta MX) über einen weiten See. Im Hintergrund sind Berge und Wolken zu sehen.
Die Ruhe trügt: der See ist für seine Wetterumschwünge berüchtigt. 

Das Packraft liegt am Ufer eines ruhigen, sich spiegelnden Flusses.
In den frühen Morgenstunden ist die Befahrung der meisten Seen am ehesten möglich.

Wie viele Kilometer pro Tag im See zurückgelegt werden können, ist stark windabhängig. So gelang es mir, den 34 km breiten Lago Llanquihue an nur einem Tag zu überqueren, während ich 2 Tage zur Befahrung des nur 11 km langen Lago Tagua Tagua benötigte. 

Hinweis Blog Redaktion: eine Überquerung von sagenhaften 34 km in einem Packraft kann als extrem eingestuft werden und ist nicht zur Nachahmung empfohlen!

3. Unterwegs im Fluss

Die Flüsse Patagoniens waren absolute Highlights meiner Tour. Stellvertretend hierfür möchte die Befahrung des 175 km langen Riò Palena nennen, der komplett unverbaut durch eine traumhafte Bergkulisse in Richtung Meer mäandert. Irgendwann habe ich aufgehört, die Forellen unter meinem Boot zu zählen.

Das Packraft, auf welchem sich die gesamte Ausrüstung befindet, liegt am Flussufer auf dem Wasser. Im Hintergrund sind Berge und Wald zu sehen.
Zusammenfluss des türkisen Rió Frio mit dem dunkelblauen Rió Palena.

Auf Flüssen habe ich nicht nur rasch Kilometer gut gemacht, sondern auch seltene Vögel beobachtet und an traumhaften Stellen campiert. Die Befahrung von Passagen mit Wildwasser (bis max. WW3+) bringt bei entsprechender Vorerfahrung viel Spaß in den blauen Paddelalltag! 

Das Bild zeigt das Packraft, wie es durch hohe Wellen eines Flusses paddelt.
Unterwegs in den hohe Wellen des Rió Baker (WW3+).

Hinweis Blog Redaktion: die Befahrung von Wildwasser 3+ kann als extrem eingestuft werden und ist mit dem verwendeten Packraft Modell nicht zur Nachahmung  empfohlen.

Tobias Schorcht befindet sich mit seinem Packraft vor einer Gletscherfront. Um ihn herum ist Wasser und Eis.
Ein Highlight meiner Reise: ich paddle entlang der Gletscherfront des Glaciar Desplaye (Foto: Jonas Grünewald). 

Hinweis Blog Redaktion: die Befahrung von Gletscherseen kann als extrem eingestuft werden. Ohne Trockenanzug ist es nicht zur Nachahmung empfohlen.

6 Gründe, warum ich mein Packraft lieben gelernt habe:


Tobias Schorcht hält einen gefangenen Fisch in die Kamera und sitzt dabei in seinem Packraft.
1. Weil es mir hilft, das Abendessen zu sichern.

Tobias Schorcht sitzt im Packraft und im Wasser befinden sich Tiere, welche aus dem Packraft zu sehen sind.
2. Weil durch das Boot hautnahe Begegnungen mit Tieren möglich werden.

Im Packraft sitzen zwei Menschen. Im Hintergrund ist ein Gletscher zu sehen.
3. Weil ich es als Ausflugsboot oder Fähre auch zu Zweit nutzen kann. 

Hinweis Blog Redaktion: Die Nutzung des Anfibio Delta MX zu zweit ist wie man sieht möglich, aber nicht komfortabel und für lange Strecken nicht zur Nachahmung empfohlen.

Das Bild zeigt das Packraft, wie es senkrecht aus dem Wasser sticht.
4. Weil ich damit Tricks machen kann (wie das ausgegangen ist erfahrt ihr beim Vortrag).

Tobias Schorcht sitzt im Packraft, an welchem vorn ein selbstgebaute Segel befestigt ist.
5. Weil die Kilometer dank Zelt + Bambus (Qila) nur so dahin fliegen.

Hinweis Blog Redaktion: Für diese Zwecke gibt es auch passende Segel.

Das Bild zeigt das Packraft, wie es inklusive Gepäck am Ufer liegt. Am Heck des Packrafts ist eine Halterung für eine GoPro, gebaut aus einem Wanderstock, zu sehen.
6. Weil ich mein eigenes Kameraboot habe (GoPro Halter aus Trekkingstock gebaut).

Wann startet das nächste Abenteuer?


Im Dezember diesen Jahres setze ich die Reise durch Patagonien in Richtung Süden fort. Ziel ist mit Puerto Williams die südlichste “Stadt” der Welt. Dabei durchstreife ich eine raue Landschaft, in der bis vor 200 Jahren noch Ureinwohner lebten. Ich möchte im Rahmen der Tour mehr über das Leben und den Genozid an den verschiedenen ethnischen Gruppen in Erfahrung bringen. 

Tobias Schorcht steht auf einem Felsvorsprung über dem Wasser und schaut in Richtung Landschaft.

Und wie geht es jetzt weiter?


Im August 2022 ist die Multivisionsshow über das Abenteuer fertig. Termine, mehr zur Tour und zukünftige Pläne gibt es auf meiner Website und anderen Kanälen.