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Packrafting bei und mit Finnen

Wir kennen Robert Neu seit 2015 und sind seitdem als Partner gern in Austausch mit ihm. Robert ist ein sympathischer Vortrags-Profi und routinierter Referent, der die Donau komplett und den Yukon über 3000km in Packrafts befahren hat. Diesen Sommer war er mit Partnerin auf einem längeren Road-Trip in Skandinavien und hatte ein Anfibio Rebel Duo+ dabei. Welche Nationalparks und Gewässer sie damit unsicher gemacht haben und ob das alles so gut lief wie erhofft, berichtet er selbst.

von Robert Neu

Mit über 188.000 Seen ist Finnland ein prädestiniertes Land für Wasserwanderreisen – so viel steht schon beim Blick auf die Landkarte fest. In über 40 Nationalparks finden sich zahllose ruhige Seen, Flüsse und Inseln – ein Paradies für Naturliebhaber. Doch wie genau wir hier unterwegs sein sollten, war nicht von Anfang an klar.

Unsere Idee, unser Ziel und Wunsch war es, typische finnische Landschaften kennenzulernen und möglichst abseits menschlicher Zivilisation zu reisen. Logisch denke ich sofort an unsere beiden Packrafts, die uns schon in Kanada so tolle Dienste geleistet haben. Aber während wir in Nordamerika hauptsächlich auf Flüssen unterwegs waren, bietet Finnland vor allem riesige Seengebiete. So ist der Saimaa-See mit über 4.000 km² der viertgrößte See Europas, und dort auf unterstützende Strömung zu hoffen, wäre ein Wunschtraum.

Also lassen wir uns beraten und entscheiden uns, von unseren zwei Solo-Packrafts auf ein Anfibio Rebel Duo umzusatteln. Dem Reiseziel geschuldet, bitte ich euch, den hoffentlich einzigen flachen Sprachwitz des Textes zu entschuldigen: Das Packraft war mit zwei Finnen ausgestattet. :-)

Der Grund dafür war, dass ich, Robert, etwas größer und stärker gebaut bin als Natascha. Erstens fahre ich ihr im Zweierboot also nicht davon. Ob das gut oder schlecht ist, mag dahingestellt sein – ich nehme mal vorweg: Wir sind auch nach der Reise noch zusammen!

Grund zwei sind die Finnen. Meine Hoffnung war, dass das Boot ordentlich geradeaus läuft und wir gut vorankommen. Hat das geklappt? Das erzähle ich euch...

Unsere Route führt uns durch die Nationalparks Päjänne, Repovesi und Kelovesi, und dazu wollen wir in den hohen Norden zum Inarisee. Unser Ziel: die unberührte, stille Natur Finnlands erleben und den Alltag hinter uns lassen.


Der Päjänne-Nationalpark: Inseln und endlose Weite

Der Päjänne-Nationalpark erstreckt sich über eine große Inselwelt im zweitgrößten See Finnlands. Die dichten Kiefernwälder und felsigen Ufer prägen das Landschaftsbild. Schon beim ersten Paddelschlag fühlen wir uns von der Gelassenheit des Wassers getragen. Wir sind im Juli unterwegs, die Sonnenstrahlen brechen durch die Wolken und spiegeln sich im kristallklaren Wasser. Die Temperaturen sind angenehm. Wir haben für mehrere Tage Proviant und paddeln durch eine schier unüberschaubare Inselwelt. Anfangs mache ich mir wegen des Navigierens noch Stress. Wir haben eine Karte des Nationalparks dabei, aber kein GPS. Doch Skandinavien ist mobilfunktechnisch weit voraus, die meiste Zeit habe ich Netzabdeckung, und so wird das Navigieren einfach. Auch gewöhne ich mich schnell daran, die Inseln zu zählen und auf der Karte zu schauen, wo wir sind. Meistens wählen wir den kürzesten Weg von Insel zu Insel, versuchen, große, offene Wasserflächen zu vermeiden. Wir lassen uns von der Schönheit der Natur treiben. Die schroffe Felsenküste weicht immer wieder weiten Schilfgürteln, in denen sich das Leben tummelt. Schwäne und Reiher gleiten lautlos über das Wasser, während Libellen über den flachen Uferzonen tanzen.


Abends suchen wir uns eine der vielen Inseln aus, auf der wir das Lager aufschlagen. Das Zelt ist schnell aufgestellt, und schon bald lodert ein kleines Feuer, das die Mücken vertreibt. Wir bereiten ein Abendessen zu – Platz bietet das Packraft genug, sodass wir für eine Woche ausreichend Proviant mitnehmen können. Es wird kaum dunkel, und besonders die Stunden rund um Mitternacht sind wahnsinnig schön. Hier draußen, in der Stille des Päjänne-Nationalparks, scheint die Zeit stillzustehen.



Kelovesi-Nationalpark: Unberührte Natur und perfekte Paddelrouten

Nach einigen Tagen im Päjänne-Nationalpark ziehen wir weiter in den Kelovesi-Nationalpark. Hier wird die Landschaft rauer und noch wilder. Der Nationalpark, der für seine malerischen Wasserstraßen und ursprünglichen Wälder bekannt ist, bietet endlose Möglichkeiten zum Paddeln und Erkunden. Zwischen den Felsen und Inseln verstecken sich immer wieder einsame Buchten, die nur mit einem Boot erreichbar sind. Teile des Nationalparks sind für Motorboote gesperrt, weshalb sich der Kelovesi schnell als unser Lieblingsnationalpark herausstellt. Wir nutzen die gut ausgebauten Paddelrouten, die durch den Park führen, und sind begeistert von der ausgezeichneten Infrastruktur: Immer wieder tolle Zeltplätze mit Schutzhütten und Feuerstellen, die den Aufenthalt in der Wildnis erleichtern. 

Diese Mischung aus Abenteuer und Komfort ist es, was die finnischen Nationalparks so einzigartig macht. Hier ist man mitten in der Natur, aber nie völlig auf sich allein gestellt. Überall gibt es bereitgestelltes Feuerholz, eine Axt, eine Säge, die niemand klaut oder kaputt macht. Das begeistert mich – leider zweifle ich, ob das bei uns auch so funktionieren würde. Aber hier in Finnland scheint das zu klappen. Wir verbringen Tage damit, durch das glitzernde Wasser des Kelovesi zu gleiten. Morgens, wenn der Nebel noch tief über den Seen liegt, erwacht die Natur um uns herum. In der Ferne sind die Schreie eines Seeadlers zu hören. Oft gleiten wir nur still über das Wasser, um die Aussicht zu genießen oder einfach einen Moment innezuhalten und die reine Luft einzuatmen.


Der Inarisee: Lapplands mystische Weiten

Nach unseren Erlebnissen im Süden zieht es uns in den hohen Norden, zum Inarisee in Lappland. Zwischendurch haben wir noch andere Nationalparks erkundet, waren in herrlichen Moorlandschaften und eine Woche lang zu Fuß in der Wildnis unterwegs. Also freuen wir uns umso mehr, das Rebel Duo wieder auf dem Inari-See zum Einsatz zu bringen. Wie immer: Der Aufbau geht superschnell und unkompliziert, wir packen ordentlich Gepäck in die Tube Bags, dazu kommen noch Packsäcke oben drauf. Wir achten nicht sehr auf das Packmaß oder Gewicht – für vier Tage Inarisee haben wir locker genug Platz für alles. Ich nehme selbstverständlich meine DSLR-Kameraausrüstung mit, die in einem wasserdichten Sack in die Mitte des Bootes kommt.

Der See ist einer der größten Finnlands, doch im Vergleich zu den südlichen Seen wirkt er unberührter und geheimnisvoller. Die Landschaft hier oben ist anders – karger, rauer, aber von einer erhabenen Schönheit. Hohe Birken und Kiefern stehen an den felsigen Ufern, und der Wind trägt die Kühle des Nordens mit sich. Das Wasser des Inarisees ist so klar, dass man bis auf den Grund blicken kann, selbst in tieferen Bereichen. Die Weite des Sees, die Stille und die majestätische Natur lassen uns klein und demütig fühlen. Hier, fernab der Zivilisation, scheint die Welt fast unberührt. Für Tage sehen wir nur wenige andere Menschen – ab und zu düst ein Motorboot auf dem Weg zum Sommerhaus an uns vorbei.

Wir erkunden die zahllosen Inseln und finden mehr traumhafte Zeltplätze, als wir nutzen können. Die Infrastruktur hier ist nicht mehr so gut wie im Süden, dafür haben wir mehr das Gefühl, wirklich in der Wildnis zu sein. Oft sitzen wir stundenlang einfach nur da, blicken über das Wasser und lauschen den Klängen der Wildnis. Nachts dämmert es jetzt schon ein wenig, und ich spiele noch spät am Abend mit dem Boot und dem spiegelglatten Wasser für ein paar Bilder herum.



Fazit

Finnland als Paddeldestination ist ein Traum. Ich war anfangs skeptisch, ob das Packraft dafür geeignet ist, das gebe ich zu. Aber zu zweit, mit den Finnen dran, haben wir gut Fahrt und kommen nicht viel langsamer voran als mit einem Kanadier. Unschlagbar wie immer ist, wie schnell und einfach das Boot zu transportieren und aufzubauen ist. Wir waren mit dem Auto unterwegs, und für mehrere Mehrtagestouren das Packraft einfach aus dem Kofferraum zaubern zu können – das ist es, warum ich so auf diese Boote stehe. Die Kombination hat einfach gepasst – so sehr, dass ich mit dem Gedanken spiele, nächstes Jahr den kompletten Saimaa-See zu durchqueren. Das wäre dann eine Strecke von etwa 500 km Seepaddeln. Ob das dann auch so gut (geradeaus) läuft, davon erzähle ich euch dann!